November 2016

Grabstätte Thiele-Wenzel auf dem Johannisfriedhof

Auswahlkriterium: Persönlichkeit

Die Grabstätte befindet sich im Quartier 4 H unmittelbar am Weg gegenüber der Wandgrabstellen an der Rückseite der Hauptallee.

Waldo Wenzel (* 12. November 1879 in San Fernando (Chile), † 24. November 1952 in Dresden) entstammte einer deutschen Aussiedlerfamilie und kehrte 1886 nach Deutschland zurück um in Dresden das Gymnasium zu besuchen und anschließend an der Technischen Hochschule Architektur zu studieren. Einer seiner Lehrer dort war Fritz Schumacher. Nach der Erlangung des Grades Diplom-Ingenieur trat er 1908 als Regierungsbaumeister im Sächsischen Ministerium des Inneren seinen Dienst an. Er war für verschiedene Hochbaumaßnahmen, wie beispielsweise die Planungen für die Heil- und Pflegeeinrichtungen in Arnsdorf, Leipzig-Dösen, Großschweidnitz und Zschadraß verantwortlich.

Im Ersten Weltkrieg meldete sich Wenzel freiwillig als Krankenpfleger zum Kriegsdienst. Gemeinsam mit Paul Fritz Fichtner (1890-1969) richtete er im Herbst 1914 den Seuchenfriedhof bei Rethel, einem der bedeutenden Verwundeten-Sammelpunkte, die nach dem Rückzug der deutschen Armee nach der Schlacht an der Marne angelegt wurden, ein. 1917 wurden per Erlass des Kriegsministeriums in allen Armeen Gräberverwaltungsoffiziere eingesetzt. Diesen „Gräberoffizieren“ ordnete man einen „künstlerischen Beirat“ zu. Waldo Wenzel wurde mit einer solchen Stelle 1917 betraut.

Nach dem Krieg setzte sich Wenzel für eine Reformierung und die Hebung der Friedhofskultur in Deutschland ein. Anlässlich der angespannten wirtschaftlichen Lage in der Naturstein- und Grabmalbranche wurde am 29. Juni 1921 der erste deutsche Natursteinkongress innerhalb der Reichs-Steinwoche in Eisenach durchgeführt. Dort hielt er den Vortrag „Friedhofskunst und Denkmalpflege“ Auf diesem Kongress wurde am 30. Juni 1921 der „Reichsausschuss für Friedhof und Denkmal“ gegründet und Waldo Wenzel später, während einer Sitzung am 15. Oktober 1921 in Dresden, zu seinem Vorsitzenden gewählt. In diesem Ausschuss arbeitete Wenzel aktiv bis zur Einstellung der Tätigkeit des Reichsausschusses am 28. August 1944.

Die Funktion des Reichsausschusses übernahm nach dem Krieg 1951 die Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal mit Sitz in Kassel. Die höchste Auszeichnung, die von der Arbeitsgemeinschaft für besondere Bemühungen bei der Entwicklung der Friedhofskultur verliehen wird ist die Waldo-Wenzel-Plakette.

Mehr zu Waldo Wenzel und sein Wirken findet man in folgender Publikation:
Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e. V. (2002): Vom Reichsausschuss zur Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal. Kolloquium am 8. und 9. November 1996 veranstaltet vom Zentralinstitut für Sepulkralkultur, Kassel. – Kasseler Studien zur Sepulkralkultur, 9: 1- 235, Kassel. (ISBN 3-924447-21-7).

(Fotos M. Kaden)